Die Meister der Macht
Du fragst, wie konnte es soweit kommen mit uns Menschen?
Es konnte soweit kommen, weil sich die Menschheit in Schafe und Wölfe teilt. Die Schafe sind naiv und vertrauensselig. Sie wollen glauben, dass Regierungen sich um ihre Bürger sorgen, dass sie nur das Beste wollen für den kleinen Mann, dass jeder von uns zählt. Ach, sie würden uns doch helfen, wenn sie nur könnten die armen Politiker, da müssen wir halt Opfer bringen.…
Doch auf den Altären der Macht werden immer nur Schafe geopfert, es ist ihr Blut, das die Erde rot färbt, es sind ihre Lämmer, die dutzendweise sterben.
Regierungen haben und werden sich niemals um Menschen scheren und um einzelne schon mal gar nicht, wenn sie etwas tun, dann aus Kalkül und Prestige. Sie kümmern sich nur um ihre eigenen Leute, und das auch nur dann, wenn sie gerade an der Spitze stehen und sie ihnen nützlich sind.
Sie missbrauchen das Volk, um ihre eigene Macht zu festigen und um Geld zu Scheffeln für ihres gleichen und ihr falsches Spiel.
Wir Bürger sind nichts anderes als Mittel zum Zweck, das Fleisch für die Wölfe. Früher waren es Könige und Kaiser, dann die alltäglichen Diktatoren und heute sind es die sogenannten Demokratien. Kein Herrscher und auch keine Herrscherin haben sich jemals um ihr Volk gesorgt.
Das Volk hat zu folgen und das Volk hat zu funktionieren und das Volk hat zu sterben. Basta!
Früher hat man uns mit Gewalt, Glaubenssystemen und Bildungsmangel in schachgehalten, aber der Hunger hat die Leute auf die Barrikaden getrieben. Also hält man uns heute satt und fett, sowohl geistig als auch körperlich.
Man gebe ihnen gerade so viel Besitz, dass sie Angst haben, ihn zu verlieren, und gerade so viel Hoffnung, dass sie weitermachen in diesem wahnsinnigen Spiel, egal was mit ihnen geschieht.
Was wir alle dabei aber vergessen ist, dass Politiker nur Volksvertreter sind und wir - das Volk - die Macht hat. Solange wir uns nicht wehren und sie gewähren lassen, wird sich niemals etwas ändern.
Der Mauerfall hat gezeigt, dass das Volk etwas ändern kann, wenn es das denn nur will. Das war im Jahre des Herrn 1989, nicht 1889 oder 1789. Denken wir heute noch daran und sind stolz darauf? Nein, weil wir bequem geworden sind, wir lassen andere die Lorbeeren dafür einheimsen.
Wenn die Masse der Schafe sich erhebt, haben die wenigen Wölfe keine Chance. Das wissen sie genau, also gilt es um jeden Preis, die Schafe dumm und bei der Stange zu halten, denn nur so funktioniert Unterdrückung.
Den Schafen wird weisgemacht, es gäbe keinen anderen Ausweg, dass ihre Opfer alternativlos seien. Die Schafe blöken vor Angst, beschweren sich, käuen ihren Ärger wieder und wieder und schlucken ihn schliesslich herunter.
Mit gesenktem Kopf und kampflos geschlagen, stellen sie sich in die Reihen vor den Schlachthöfen. Wir sind wieder Opfer geworden und haben uns mit den Wölfen arrangiert.
Tschernobyl war im Jahre 1987. Wir alle waren traumatisiert. Hat jemand vor dem 03/11/11 noch daran gedacht? Selten, viel zu selten. Man hat es verdrängt und ist den Weg des geringsten Widerstandes gegangen, so wie immer.
Was haben die Mächtigen inzwischen gemacht? Sie haben verschleiert, gelogen, taktiert, diskreditiert und uns über das Spielfeld der Macht geschoben, was immer am besten zu ihrer Taktik passte.
Jetzt stehen in Afrika die Leute auf und wehren sich gegen Unterdrückung und Terrorregime und wir lehnen uns auf dem Sofa zurück, lächeln milde und fühlen uns ihnen so arg überlegen – und vor allem so frei.
Wer ist hier der unterdrückte Idiot?
Warum stehen wir nicht auf der Strasse und holen uns unsere uns zustehende Macht zurück? Warum lassen wir uns behandeln wie unmündige Kinder und haschen nach jedem Häppchen, das man uns gnädigerweise hinwirft? Wieso kuschen wir und geben Pfötchen, wann immer die da oben es wollen?
Die Lachen sich alle seit Jahren die Hucke voll, ob unserer Blödheit und Naivität. Wir sind die Pflastersteine auf dem Weg zur Macht und wir sitzen da, lächeln debil und planen den nächsten Urlaub nach Ägypten.
Texte: Cover: Gary Larson
Text: Phoenix M. Rodenburg
Tag der Veröffentlichung: 16.03.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Jedes Schaf hat eine Stimme.
Entschuldigen möchte ich mich bei den echten Wölfen (Canus lupus), die extrem sozial sind und bei denen so etwas nicht geschehen würde.